Weil uns die Insel doch ein bißchen in ihren Bann gezogen hat, verlängern wir unseren Aufenthalt um 2 Tage. Allerdings werden wir auf den Besuch der Nachbarinsel Hiiumaa verzichten.
Wir wechseln aber unseren Standort. Das gibt uns Gelegenheit ein paar besichtigungswerte Orte abzufahren.
In der Nähe gibt es einen alten Eichenwald, zum Teil fast 500 Jahre alt. Allerdings sind die Bäume klein und knorrig. Man könnte schon fast sagen Bonsai-Eichen, aber einige sind auch ziemlich dick. Der Grund ist, sie wachsen hier auf in einer dünnen Humusschicht auf einem Kalksteinboden.
Zwei Zwillingseichen sind wohl 450-500 Jahre alt. Dick, aber klein.
Danach fahren wir wieder shoppen. Es ist doch immer wieder spannend, welche ausländischen Lebensmittel in welchen Ländern ins Herz geschlossen werden. In Finnland war es der Halloumi-Käse. Hier gibt es im Schnitt immer 2 Regale von unterschiedlichen Sorten Cidre.
Wir fahren Richtung Norden. Auf dem Weg liegt ein Kalksteinpark. Wir haben unterschiedliche Assoziationen, was sich dahinter verbirgt. Martin denkt, es ist ein Skulpturenpark, ich glaube, dass es ein geologischer Park ist mit Informationen zum Kalkstein.
Tatsächlich ist es ein Gelände, auf dem es einige Kalkbrandöfen gab. Hier wurde schon seit Jahrhunderten Kalk gebrannt. Aus dem Kalkstein, der direkt nebenan abgebaut wurde. Auch hier überdeckt nur eine dünne Humusschicht den Kalkstein.
Mit Hilfe von weißen Pfeilen wird man über einen Rundweg geführt. Der Prozess, die Geschichte des Geländes und die Geschichte der Kalkbrennerei wird auf vielen Schautafeln entlang des Weges erläutert.
Der Prozess ist kompliziert und interessant, das war uns gar nicht so bewusst.
Kalkstein wird bei Temperaturen von 1000 – 1300 Grad gebrannt und verliert dabei Wasser und CO2. Der gebrannte Kalk wird wieder gelöscht, d.h. Wasser wird hinzugefügt und es entsteht eine Paste, Kalkmilch oder Pulver. Das kann dann weiter verarbeitet werden.
Beim Kalkputz an der Außenwand eines Hauses reagiert er dann anschließend wieder mit CO2 und wird quasi wieder zu Gestein.
Wir recherchieren anschließend noch ein bißchen zu Kalk. Schon die Römer haben mit Hilfe von Kalk einen Superbeton entwickelt. Nicht ohne Grund stehen heute noch 2000 Jahre alte Bauten der Römer. Obwohl heutige Betonbauten eine Lebenserwartung von höchstens 120 Jahren haben. Sie hatten wohl eine spezielle Betonmischung, die sich selbst repariert.
In einem Café blicken wir auf eine Bucht an der Nordküste der Insel. Wir sehen Holzlaster leer in die eine Richtung und voll in die andere fahren.
Das lässt uns auch noch mal über die Holzwirtschaft in Estland oder im gesamten Baltikum recherchieren. Auch spannend und nicht so toll. Estland ist der größte europäische Lieferant von Holzpellets. Das Holz dafür wird großflächig kahlschlagmäßigen geschlagen. Und landet dann auch in Pelletkraftwerken, die auf alten Kohlekraftwerkstandorten stehen.
In der Nähe befindet sich das höchste Steilufer von Saaremaa, das Panga Pank, ein Kalkstein Kliff. 21m über dem Wasserspiegel und eins der drei tourististischen Highlights von Saaremaa. Wir laufen oben rum.
Eine Steinformation, die sich von der Nordküste Saaremaas bis an die Küste Gotlands zieht. Relikte aus einem Erdzeitalter, als das Baltikum noch in der Nähe Australiens lag.
Es gibt hier auch militärgeschichtliche Hinterlassenschaften. Erstens mal wieder aus dem zweiten Weltkrieg. Noch zu erkennen sind die Schützengräben. Und nach dem zweiten Weltkrieg war das die Aussengrenze der Sowjetunion. Next Stop Stockholm, die wurde hier also flächendeckend überwacht.
Wir landen dann auf einem Campingplatz an einem See im Inselinneren. Viele Familien hier, auch viele die die Badestelle mit Strand und Badesteg nutzen. Abends wabern die Rauchschwaden der Grills über den Platz.
14. Tag
Tehumardi – Karujärve: 127,4 km
Gesamt: 1.271,8 km