Wir setzen wieder auf unsere bewährte Strategie: mit den Fahrrad rein in die Stadt. Doch hier ist das nicht so eine gute Idee. Schon gestern haben wir uns über die Brücke des Neris-Flusses gequält. Der Platz zwischen Pfeiler und Geländer ist gerade ein bißchen breiter als mein Lenker. Ein Mountainbike würde hier gar nicht durch passen.
Leider wird es nach der Brücke nicht besser. Fahrradwege gibt es so gut wie keine und wenn starten sie aus dem Nichts und enden auch da. Also bleibt nichts anderes übrig, als über den Bürgersteig zu fahren. Oft wird das erschwert durch extrem hohe Bordsteinkanten, Treppenstufen, schlechter Belag oder der Bürgersteig wird zugunsten von Parkplätzen total eingeengt.
Eine Beschilderung gibt es nicht, manchmal Zeichen, dass man in verkehrter Richtung durch Einbahnstraßen fahren darf, aber dort ist dann wenig Platz und die Autofahrer sind genervt, auch weil sie mit Radfahrern im allgemeinen wenig konfrontiert werden. Denn die gibt es hier logischerweise kaum. Nur ein paar Hardcore Rennradfahrer oder so. Vilnius ist eine Autostadt.
Gibt es eigentlich eine Liste mit den schlechtesten Fahrradstädten Europas? Da ist Vilnius sicherlich sehr weit oben mit dabei.
Wir haben jedenfalls wieder eine Stadtführung über Free Tours gebucht. Und werden wieder nicht enttäuscht. Geschichte von Litauen als Kurzabriss. (Litauen war mal 10 Jahre ein Königreich, reichte kurzzeitig von der Ostsee bis ans schwarze Meer).
Die tragische Geschichte der 80.000 Juden in Vilnius, das auch als das Jerusalem des Nordens bekannt war, während der deutschen Besatzung ab 1941.
Natürlich die sowjetische Besatzung nach dem Krieg. Kirchen wurden umfunktioniert in eine Lagerhalle mit mehreren eingezogenen Decken oder in eine Basketball-Halle.
Dann die Republik Uzupis, ein Stadtbezirk in einer Schleife des Nebenflusses Vilnia. Künstler haben hier 1997 eine Spaßrepublik ausgerufen mit Verfassung und regelmäßigen Parlamentssitzungen in einer Bar (Barlament).
Das richtige Parlamentsgebäude, weitere Kirchen und die Universität dürfen auch nicht fehlen.
Und die imposante Kathedrale natürlich. Insgesamt wieder eine gelungene Stadtführung mit massig Informationen.
Einige Sachen schauen wir uns dann noch in Ruhe an. Die Kathedrale und die barocke Seitenkapelle.
Usupiz: Straßen, Kunst und die schönste Schaukel die Baltikums (bis jetzt).
Die Verfassung von Uzupis hängt in 42 Sprachen übersetzt an einer Mauer.
In der Kunstakademie der Universität besichtigen wir 2 Ausstellungen. In einer sind mit einem speziellen Verfahren alte Fotos auf verwelkte Pflanzenblätter gedruckt. Sehr spannend, wie das wohl funktioniert?
Das einzige Tor der Stadtmauer, das erhalten geblieben ist, kommt uns auch noch vor die Linse.
Das Innere einer orthodoxen Kirche. Dann haben wir schon wieder fast 15.000 Schritte getan und nehmen erstmal einen Aperitiv.
Anschliessen essen wir in der von den Sowjets zum Lagerraum umfunktionierten Kirche, die jetzt wieder umfunktioniert wurde in einen Kirchenraum im 1. Stock.
Im Erdgeschoss hat sich ein einfaches Restaurant etabliert, das gehandicapte Menschen beschäftigt. Interessante Atmosphäre unter der Stahlbetondecke im Kirchenraum.
Unser Weg zurück führt wieder abenteuerlich durch Vilnius, halsbrecherisch an einem großen Kreisverkehr entlang und über die Brücke mit 8 Autospuren und 1-Fußgänger-breiten Rad- und Fußwegen.
29. Tag
Gesamt: 2.901,7 km
Radtouren Vilnius: 19,2 km
Rad gesamt: 360,9 km
Hallo ihr 2,
ich bin beeindruckt von eurer tollen Präsentation der Reise. Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß und Entdeckerfreude.
LG
Volker